Jürgen Blum – Ein Nachruf

Am 19. Oktober 2016 verstarb im Alter von fast 79 Jahren Jürgen Blum, einer der
Gründungsväter des Schülerhauses und langjähriger Lehrer am Ev. Mörike-
Gymnasium.

Er hatte die Mitgliedsnummer 002 des Schülerhaus-Vereins und
wurde hier nur von seiner Frau Brigitte – sie war die Erste in der Mitglieder-
Kartei und selbst Jahrzehnte lang für das Schülerhaus tätig – übertroffen. Seit der
Gründung des Schülerhaus-Vereins im Jahr 1978 engagierte sich Jürgen Blum für
unsere damals einmalige Begegnungsstätte im Umkreis einer Schule; bis 2015
brachte er sich in vielfältiger Weise aktiv ein. Über 37 Jahre lang arbeitete Jürgen
Blum für „sein“ Schülerhaus – es war ein wesentlicher Bestandteil seines Lebens.

Als 1977 die Ideen reiften, die ein Jahr später zur Gründung des Schülerhaus-
Vereins führten, erwies sich Jürgen Blum als unermüdlicher Antreiber. Seiner
Bereitschaft, immer wieder neue Kontakte zu schaffen und schwierige Verhandlungen
zu führen, ist es zu verdanken, dass schließlich im Gemeinderat, im Kultusministerium,
in der Evangelischen Landeskirche und der Kirchengemeinde die
Bereitschaft wuchs, das „Projekt Schülerhaus“ zu unterstützen. Als sogar die
ZEIT im November 1978 von den Plänen berichtete, befand sich die Öffentlichkeitsarbeit
auf einem ersten Höhepunkt. Die schwierigste Hürde war aber die
Finanzierung: Jürgen Blum gewann mit dem gesamten Vorstand des Vereins
einen Vater aus dem Management der Robert Bosch GmbH, der auf Möglichkeiten
zur Förderung von „Jugendlichen zwischen Schule und Beruf“ verwies. Nach
der Ablehnung des ersten Antrags bestand Jürgen Blum darauf, es erneut „und
etwas professioneller“ zu versuchen. Das Ergebnis ist bekannt: Die Robert-
Bosch-Stiftung leistete mit einer großzügigen „Anschubfinanzierung“ die entscheidende
Starthilfe für das eigentliche Schülerhaus, das 1982 in der Böheimstraße
18 eröffnet werden konnte.

Beim Umbau des ehemaligen Bäckerladens zeigte sich Jürgen Blum mit etlichen
Helfern aus Elternschaft und Schule als geduldiger, mitunter auch experimentierfreudiger
Handwerker. Auch bei der Erweiterung der Räume vor gut 15 Jahren
packte er Bohrhammer und Säge an. Er hatte den damaligen Vorstand überzeugt,
nur mit einer Erweiterung des Schülerhaus-Angebots könne man den steigenden
Anforderungen bei den pädagogischen und sozialtherapeuthischen Angeboten
gerecht werden. Die Arbeit unserer sozialpädagogischen Kräfte begleitete er stets
aufmerksam und kritisch; dabei scheute Jürgen Blum auch nicht vor Auseinandersetzungen zurück – zu emotional schien manchmal seine Bindung an das Schülerhaus.

Jürgen Blum machte sich stets große Sorgen um die Zukunft des Schülerhauses, da im Laufe der Jahre immer mehr Fördermittel gekürzt oder gar ganz gestrichen wurden. So betätigte er sich immer wieder als Initiator von Veranstaltungen, die
Geld in die Vereinskasse brachten. Einige tausend DM und Euro sind durch
attraktive „Schülerhaus-Abende“ und Benefizveranstaltungen gewonnen worden.
Auch hat sich Jürgen Blum auf drei gut besuchten „Benefiz-Diners“ stundenlang
in die Schülerhaus-Küche gestellt und – zusammen mit seiner Frau Brigitte –
großartige Menus geschaffen.

Überhaupt gehörte das Kochen zu Jürgen Blums Lieblingstätigkeiten und wichtigsten
Leidenschaften. Jahrzehnte lang hat er, zum Teil mehrmals in der Woche,
den Schulkindern, seinen Kolleginnen und Kollegen sowie den Schülerhaus-
Mitarbeiterinnen und -mitarbeitern zusammen mit Ehrenamtlichen ein sorgfältig
zusammengestelltes Mittagessen bereitet. Dabei war es immer sein Anspruch, für
wenig Geld gesundes, wohlschmeckendes und hochwertiges Essen auf den Tisch
zu bringen. Das musste schon bei den Einkäufen genau kalkuliert werden. „Alle
menschliche Kultur nahm am gemeinsamen Esstisch ihren Anfang“ – so drückte
Jürgen Blum es oft aus. Wir haben es einmal überschlagen: Im Laufe seines
Lebens hat Jürgen Blum etwa 125.000 Essen im Schülerhaus gekocht. Stellte man
die Teller nebeneinander auf den Boden, so ergäbe sich eine Tellerreihe von über
30 Kilometern Länge … Nichts hat Jürgen Blum mehr gefreut als ein leer gegessener
Teller, verbunden mit einem Kinderlob: „Das war oberlecker, Herr Blum!“
Es überrascht nicht, dass Jürgen Blum seine unermesslichen Kocherfahrungen am
Großküchenherd in einem Kochbuch „Nachschlag: Wir kochen für viele“ festgehalten
und zur Nachahmung empfohlen hat.

Mit Jürgen Blum verliert der Schülerhaus-Verein einen Initiator und hartnäckigen
Fürsprecher der ersten Stunde, einen engagierten, langjährigen Vorstand und einen
kreativen, phantasievollen Koch. Der Umgang mit ihm war nicht immer leicht;
mitunter schienen seine Ziele zu utopisch, zu optimistisch, zu kompromisslos.
Aber letztlich waren es ganz wesentlich seine Energie, seine Beharrlichkeit und
seine Liebe zu „seinem“ Schülerhaus, die das „Schü“ als feste Einrichtung im
Umfeld des „Mörike“ etabliert und im Bewusstsein der Stuttgarter Bürger verankert
haben. Am deutlichsten kam dies zum Ausdruck, als die Bürgerstiftung der
Stadt Stuttgart dem Schülerhaus zum 30jährigen Jubiläum im Oktober 2009 den
„Preis für Nachhaltigkeit“ verliehen hat. Bei diesem Festakt erlebte Jürgen Blum
die vielleicht glücklichsten Stunden für das, was er – aus seiner ganz persönlichen
Sicht – als sein Lebenswerk verstanden hat.
Der Schülerhaus-Verein verdankt Jürgen Blum sehr, sehr viel. Das Schülerhaus
würde es so, wie es heute ist, ohne ihn nicht geben. Vorstand, Mitarbeiter, Mitglieder
und Freunde des Schülerhauses werden Jürgen Blum stets in dankbarer
Erinnerung behalten.

Alfred Gruber (ehemaliges Schülerhaus Vorstandsmitglied und Lehrer an unserer Schule)